„Nichts geschieht ohne Risiko, aber ohne Risiko geschieht auch nichts“. (Walter Scheel)

Seit dem Zusammenbruch der Bank Lehmann Brothers und der sich anschließenden weltweiten Finanzkrise hat die Bedeutung von Risikomanagement eine Renaissance erfahren. Diesen Trend haben die Prüfdienste des Bundes und der Länder bereits erkannt und das Risikomanagement in den Prüfthemenkatalog aufgenommen (§ 274 SGB V). Mithin stellt eine verpflichtende Einführung von Risikomanagement in den Kassen schon jetzt eine Zeitfrage dar.

Durch die Einführung des Gesetzes zur Stärkung und Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV (GKV-WSG und GKV-ORGwg) sind die Wettbewerbsstrukturen neu anzupassen. Hierzu forciert der Gesetzgeber seine Ausrichtung des öffentlichen Rechts an die Anforderungen privater Unternehmen.

Die Vorstände des GKV rücken als Unternehmer immer weiter in den Fokus und damit einhergehend auch das Haftungsrisiko für unternehmerisches Handeln. Drohende Zahlungsunfähigkeit, Insolvenzfähigkeit in Haftungsverbünden sowie Existenzsicherung um den langfristigen Fortbestandes der Kassen stellen nur einige kardinale Herausforderungen dar.

Hinsichtlich der großen Anzahl an Zusammenschlüssen in den Krankenkassen haben die Medien bereits vor einem möglichen Szenario gemahnt:“ Die immer größeren Kassen können im Falle einer Insolvenz das gesamte System gefährden, was am Ende in einem Rettungsszenario vergleichbar mit dem der Bankenkrise münden könnte“. (Zitat „Frankfurter Rundschau“)

Vor dem Hintergrund der Haftungsrisiken muss Risikomanagement nicht umfassend sein und sollte auf die kassenindividuellen Bedürfnisse wie Morbi-RSA, Gesundheitsfonds oder bevorstehende Fusionen zugeschnitten werden. Beispielsweise durch die Erarbeitung eines eigenen MaRisk (GKV)-Ansatzes nach dem Vorbild der Banken und Versicherungen, die hierzu bereits über einen gr0ßen Wissensvorsprung verfügen.

Die einzelne Krankenkasse befindet sich Kraft Gesetz in einer abgestuften Haftungskaskade und muss u. U. Fehlentwicklungen der Unternehmenssteuerung der Wettbewerber selber tragen. Durch die Transparenz der kassenindividuellen Leistungsfähigkeit im Haftungsverbund und durch proaktives Handeln könnte das Eintreten des Hilfefalls verhindert werden. Auf Ebene des Spitzenverbandes und auch der Kassenarten wird derzeit ein Frühwarnsystem angestrebt, um Schließungen und Insolvenzen zu vermeiden.

Naturgemäß besteht bei den Kassen nur ein mäßiges Interesse daran, Transparenz hinsichtlich wichtiger interner Kennzahlen untereinander zu gewähren. Gefragt wären daher dem Grundsatz nach Kennzahlen, die sich an den Ursachen und nicht an den Zuwendungen orientieren.

Ein kassengerechtes Risikomanagementsystem, welches nur auf Verbandsebene oder Aufsicht beschränkt bliebe und nicht in Aufbauorganisation und Prozessen in den Kassen verpflichtend wäre, wird das volle Potenzial nicht entfalten können. Hierzu sollten einheitliche Anforderung innerhalb des Haftungsverbundes der GKV an das Risikomanagement ausformuliert werden, um Transparenz und damit einhergehende Frühwarnsignale zu identifizieren, zu steuern und letztendlich Risikodeckungsfähigkeit herzustellen.

Autor

Kwan Jao, LL.M.

Transaction Lawyer / Master of Laws im Healthcare-Sektor

Dipl.-Betriebswirt für Medizin-BWL