Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung haben gem. § 11 Abs. 4 SGB V Anspruch auf ein Versorgungsmanagement. Hierzu haben die betroffenen Leistungserbringer für eine sachgerechte Anschlussversorgung der Versicherten zu sorgen und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Daten zwecks Leistungsentfaltung. Überdies sind sie zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen.

Darüber hinaus ist die Vertragslage der Krankenkassen in Bezug auf die Hilfsmittelversorgung für Ärzte und Patienten nicht überschaubar. Vertragsausgestaltungen (Versorgungsverträge nach § 127 SGB V) wie Preise oder Ausschreibungsgewinner für Hilfsmittel können sich im Zeitablauf verändern, ebenso wie kasseninterne Vereinbarungen mit Hilfsmittelerbringern, ob Hilfsmittel genehmigungsfrei oder genehmigungspflichtig sind.

Leistungserbringer können keine Vergütung beanspruchen, die sie unter Verstoß gegen rechtliche Vorgaben des SGB V erbracht haben und weil sie etwas ohne Rechtsgrundlage (Leistungskondiktion gem. § 12 Abs. 3 SGB V) erlangt haben. Zahlungen können unter Umständen zur Strafbarkeit und persönlicher Haftung des Vorstandes der Krankenkasse führen, wenn dieser die geleisteten Zahlungen bspw. nicht aktiv zurückfordert.

Der Kassenvorstand begeht dann eine Pflichtverletzung aufgrund Untreue gem. § 266 StGB auf Basis eines Treueverhältnis und Betreuung fremder Vermögensinteressen in zivilrechtlicher (SGB V) und strafrechtlicher Hinsicht (StGB) und befindet sich sodann im Bereich der Vorstandshaftung (Organhaftung). Dabei tritt verschärfend hinzu, dass eine Exkulpation über die Rechtsfigur der Business Judgement Rule nach dem Vorbild des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich ist.

Der Gesetzgeber hat diese Risiken erkannt[1]und lässt aufgrund Generalklauseln in diversen Gesetzesbüchern und Kodizes[2]unterschiedlichen Risiko- und Steuerungsverhalten und somit den Krankenkassen keine nennenswerten rechtlichen Spielräume zu, wie sie die Prozesse entsprechend rechtssicher und präventiv wirksam ausgestalten müssen.

Die Bedeutung von Compliance und Vorstandshaftung ist völlig unstreitig nicht nur ein Trendthema, sondern vielmehr eine immer bedeutsam werdende Komponente in der Außendarstellung und Reputation im Hinblick auf zufriedene Versicherte, mithin also wichtiger Teil einer erfolgreichen Krankenkassenstrategie.

Autor

Kwan I. Jao, LL.M. (Univ.)

Transaction Lawyer • Master of Laws

Dipl.-Betriebswirt

Medizinjurist / Medizinökonom

 

[1]Vgl. Budäus.; Hilgers, D.: Mutatis mutandis: Rekommunalisierung zwischen Euphorie und Staatsversagen, in: DÖV 2013, S. 701-708.

[2]KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Das wirksame Compliance-Management-System – Ausgestaltung und Implementierung in Unternehmen, 2. Auflage, 2015, NWB-Verlag, Herne, S. 2 288 f.