Geschäftsführer und Vorstände gehen regelmäßig zum Wohle einer nachhaltigen Unternehmensfortführung  bei unternehmerischen Entscheidungsprozessen latent gewisse Risiken ein, die jedoch auch mit möglichen Chancen verbunden sind. Entscheidungen sind immer unter Einbeziehung vieler sachgerechter Überlegungen zu treffen, weil sie konstitutive Prozessänderungen auslösen.

Dabei ist der Weg über eine Prozessmodellierung bis zum „Go-Live“ mit wirtschaftlichen, personellen und Zukunftsrisiken verbunden, weil Zukunftsentscheidungen (ex-ante) lediglich aufgrund von Vorhersagen, Erfahrungen, Studien und sonstigen Visionen getroffen werden und damit griffige Vergangenheitswerte fehlen.

Schadensverursachende Entscheidungen können schnell haftungsrechtliche Fragen auslösen, inwiefern beispielsweise ein Vorstand einer AG gem. §§ 76 Abs. 1, 91 Abs. 2 AktG hierzu belangt werden kann. Die Fragestellung bezieht sich im Übrigen aufgrund der Ausstrahlwirkung der vorbezeichneten Nornen auch auf die Leitungsorgane einer GmbH und sonstiger relevanter Gesellschaftsformen.

Hierzu wurde im Rahmen des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) die Bedeutung und Funktion einer Business Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) integriert. Unter einer Business Judgement Rule versteht man das Einräumen von Ermessens- und Entscheidungsspielräumen für Leitungsorgane, die bei negativen Folgen keiner persönlichen Haftung unterstehen sollen[1].

Dann müssen die Entscheidungen jedoch auf Basis angemessener Informationsgrundlagen ohne Berücksichtigung sachfremder Interessen im guten Glauben zum Wohle der Organisation getroffen worden sein. Unter Einhaltung vorbezeichneter Entscheidungsgrundsätze kann sich das Leitungsorgan vom Vorwurf einer Pflichtverletzung freistellen und sich exkulpieren.

Natürlich bedeutet die Rechtsfigur einer Business Judgement Rule nunmehr keinen „Freifahrtschein“ für das Leitungsorgan; schwerwiegende Entscheidungen ohne Sicherheiten oder existenzielle Risiken für das Unternehmen stellen eine unverantwortliche Überspannung der Haftungsfreistellungsprämissen dar. In diesem Kontext sei angeraten, dass eine nachweisbare Dokumentierungshistorie zu Nachweiszwecken vorliegt. In einer prozessualen Auseinandersetzung tritt hierzu eine Veränderung der Beweislast ein, da der Vorstand hierzu gewissenhaft darlegen muss, dass er zum Wohle des Unternehmens eine sachgerechte Entscheidung unter Einbeziehung aller Haftungsfreistellungsvoraussetzungen vorgenommen hat.

Wie auch immer, können und müssen Prozesse stets an der Strategie des Unternehmens ausgerichtet werden, denn der Zweck besteht in der nachhaltigen und erfolgreichen Unternehmensfortführung. Die Rechtsfigur der Business Judgement Rule nimmt hierzu eine übereinstimmende Intention ein.

Autor

Kwan I. Jao, LL.M.

Transaction Lawyer • Master of Laws

Dipl.-Betriebswirt

Medizinjurist • Medizin-BWL

 

[1]Siehe Wikipedia, abgerufen am 05.07.2018 unter https://de.wikipedia.org/wiki/Business_Judgement_Rule.