Durch die Einführung der Gesetze zur Stärkung in den gesetzlichen Krankenkassen (GKV-WSG) und zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen (GKV ORGwg) haben sich die Rahmenbedingungen für gesetzliche Krankenkassen aus Sicht der Risikoperspektive für die Unternehmensleitung wesentlich verändert.

Rechtliche Rahmenbedingung

Hierzu zählen vor allem die Einführung der HGB-GOB- orientierten Rechnungslegung, Morbi-RSA, Gesundheitsfonds, Wegfall der Finanzautonomie und die Insolvenzfähigkeit.

Beispielsweise sieht die Ausgestaltung der Insolvenzfähigkeit ein Sicherungssystem zur gegenseitigen Gewährung von finanziellen Hilfen vor – genauso wie ein Frühwarnsystem im Sinne eines Kontrollsystems auf Ebene der Verbände der Kassenarten und des GKV-Spitzenverbandes. Durch die neu entstandenen rechtlichen Anforderungen treten vermehrt Risiken in Unternehmen der GKV auf, die bis dato in dieser Form noch unbekannt gewesen sind. Diese könnten eine erhebliche negative wirtschaftliche Durchschlagskraft entfalten.

Für die Vorstände der Körperschaften bedeuten die verschärften Umweltbedingungen besondere Herausforderungen an die Unternehmenssteuerung, vor allem unter dem Aspekt bisher nicht bekannter Risiken. Nicht rechtzeitig identifizierte und unter Kontrolle gebrachte Risikomaße wie zum Beispiel die Intrasparenz von finanzwirksamen Unsicherheiten können das erfolgreiche Weiterbestehen von Krankenkassen gefährden oder gar zu existenzbedrohenden „Worst-Case-Szenarien“ führen.

Wirtschaftliche Rahmenbedingung

Gesetzliche Krankenkassen sehen sich hinsichtlich klassischer Finanzkrisen wie Zinsänderungen in den Finanzanlagen konfrontiert, Diesbezüglich wirken die normativen Vorgaben aus § 83 SGB IV, hier die zwingende Anlage von Rücklagen, eine quasi automatisierte Risikolenkung.

Im Rahmen des Vertriebes aus den betriebswirtschaftlich zur Verfügung stehenden Marketinginstrumenten der freien Wirtschaft zu schöpfen, ist allerdings nur limitiert möglich. Die Lenkung und Kontrolle der Leistungsrisiken durch die aktive Auswahl von Versicherten ist durch das SGB V formal unterbunden. Durch die freie Kassenwahl (§ 173 SGB V) und die Pflicht zur Aufnahme (§ 175 I SGB V) besteht nunmehr eine Limitierung hinsichtlich der Risikoselektion.

Aufgrund des vorgegebenen Leistungskatalogs, welchen der Gesetzgeber im dritten Kapitel des SGB V verbindlich ausformuliert hat, kommt es auch nicht in Betracht, im Bereich der Leistungen und Verträge die Risiken durch den Umfang der offerierten Leistungen zu steuern. Jedoch können die Krankenkassen alternativ z. B. durch Satzungsleistungen den Leistungsumfang bis zu einem bestimmten Freiheitsgrad erweitern, um ihre Chancen im Wettbewerb zu erhöhen oder Prämienausschüttungen zu vermindern.

Autor

Kwan Jao, LL.M.

Medizinjurist, Medizin-BWL